Projektmanagement
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Bauprojektmanagement – Ein Definitionsversuch (Teil 2)

Einer der ersten Beiträge hier im BPM-Blog war der Definitionsversuch des Begriffs „Bauprojektmanagement“. Abgeleitet aus den Begriffen „Projekt“, „Management“ und „Bauprojekt“ habe ich hier das Bauprojektmanagement im engeren und im weiteren Sinn definiert.

Nun habe ich einen interessanten Beitrag zum Bauprojektmanagement im Glossar des ProjektMagazins gefunden. Dr. Angermaier bezeichnet das Bauprojektmanagement als Urform des Projektmanagements, da die ältesten Großprojekte (z.B. Pyramiden) Bauprojekte waren. Neben einem kurzen Abriss über die zentralen Aufgaben des Bauprojektmanagements wird auch die besondere Herausforderung der mitunter sehr hohen Komplexität und damit interdisziplinären Herangehensweise im Bauprojektmanagement erwähnt. Dabei stellt Dr. Angermaier fest, dass die Leistungen des Bauprojektmanagements in Honorarleitlinien (z.B. HOAI) und Verdingungsordnungen niedergeschrieben sind und sowohl von klassichen bauherrenseitigen Dienstleistern (Architekten, Ingenieuren, Projektsteuerern) als auch von Generalunternehmern und Generalübernehmern erbracht werden.

Wichtig erscheint mir daher im Zusammenhang mit einer Definition des Begriffs Bauprojektmanagement, den Unterschied zwischen dem auftraggeberseitigen Bauprojektmanagement (= das PM des Bauherren) und dem auftragnehmerseitigen Bauprojektmanagement (= das PM der bauausführenden Unternehmen) zu umreissen. Dieser Unterschied liegt m.E. primär im Umgang mit den Kapazitäten/Ressourcen. Der Auftraggeber möchte sein Projekt nämlich so rasch wie möglich durchführen, um die Kosten so gering wie möglich zu halten und fordert dementsprechend einen größtmöglichen Einsatz der Betriebsmittel (sowohl von seinen Planern und Ingenieuren, als auch von den bauausführenden Auftragnehmern). Der bauausführende Auftragnehmer hingegen wird darauf bedacht sein, seine Kapazität gleichmäßig einzusetzen und mit anderen Aufträgen (Projekten) abzustimmen.

Die hier vorgestellte Definition des Bauprojektmanagements ist eigentlich auf das auftraggeberseitige Bauprojektmanagement fokusiert. Selbstverständlich kann sie sinngemäß auf das auftragnehmerseitige Bauprojektmanagement übertragen werden. Dabei muss aber stets bewusst sein, dass das Rollenbild z.B. der Projektleitung auf der Auftragnehmerseite andere Tätigkeitsschwerpunkte hat, als jenes auf der Auftraggeberseite. Dies wird noch deutlicher, wenn bei einem Bauprojekt die bauausführenden Leistungen in klassicher Einzelvergabe an viele einzelne Unternehmen vergeben werden. Dann wird zum Beispiel die Projektleitung des Trockenbauunternehmens ganz andere Aufgaben und Tätigkeitsschwerpunkte haben, als der gesamtverantwortliche Projektleiter des Bauherren.

6 Kommentare

  1. Emanuel Stocker sagt

    Wir schon beschrieben, werden die Leistungen des Projektmanagements von versch. Beteiligten durchgeführt, doch wer darf dies eigentlich ausführen? (Gewerberecht)

    Projektmanagement, wie auch die Projektsteuerung sind kein reglementiertes Gewerbe. Die Leistungen sind aber in Gewerbeordnungen (zB. Bmstr.) oder Leitlinien (zB.HIA) enthalten.

    Besteht die Möglichkeit der Definition eines 3. Teils – und diesen von Seiten des Gewerberechtes (mit Schwerpunkt der Auftraggeberseitigen Leistungserbringung)?

    Beste Grüße

    • Das ist ein sehr guter Hinweis! In Österreich ist das bei Bauprojekten über die Gewerbeordnung bzw. das Ziviltechnikergesetz m.E. eindeutig geregelt und somit ist das Leiten, Steuern, Planen und Bauen von Bauwerken nur entsprechend befugten Personen „vorbehalten“. Damit ist auch klar festgelegt, dass die Projektsteuerung bei einem Bauprojekt nur von einem Baumeister oder einem Ziviltechniker (Architekt oder Bauingenieur) als Vertretung des Bauherren gemacht werden darf.
      Dass dies in anderen Sparten und Berufszweigen anders geregelt ist, mag zwar sein, daraus kann aber m.E. keine Allgemeingültigkeit abgeleitet werden. Im Bauwesen haben nämlich Entscheidungen, die von einer Projektsteuerung vorbereitet werden und durch eine Projektleitung und/oder den Bauherren entschieden werden müssen, mitunter sehr weitreichende Konsequenzen und können ohne entsprechende Ausbildung (umfassende Sachverständnis) und auch Befähigung (Qualifikation = Befugnis für Baumeistergewerbe oder Ziviltechniker) gar nicht fundiert und zielführend aufbereitet bzw. entschieden werden.
      Ganz ähnlich ist das übrigens auch in Deutschland und der Schweiz geregelt.

  2. Michael Frahm sagt

    Definitionsversuch Bauprojektmanagement (Teil 3)

    Was unterscheidet das Bauprojektmanagement von dem übrigen und allgemein bekannten Projektmanagement:

    Das Fachgebiet „Bauen“ an sich, ist das maßgebliche Unterscheidungskriterium.
    Es ist meiner Meinung nach ein gewisser Irrglaube zu denken wer die Methodenkompetenz im PM beherrscht, kann Projekte aus verschiedenen Branchen erfolgreich managen. Ein erfolgreiches und selbstkritisches BPM bedarf einer sehr guten Kenntnis der komplizierten Planungsprozesse und der sehr komplizierten Bauprozesse, welche regelmäßig paralell laufen. Ich stelle immer wieder fest, dass versucht wird PM-Methoden aus der IT Branche oder der Automobil Branche über die Prozesse des Bauprojektes zu stülpen. Nicht, dass ich mich dagegen verwehren möchte, aber die Methoden sind meist zu Spezifizieren und zu neu Erproben. Das PM anderer Branchen agiert oft aus der Linie heraus, das Bauprojekt ist insbesondere bei Großprojekten, die Linie.

    Die Schwerpunkte des BPM, sowie wie ich Sie in meiner Berufspraxis erlebe, sind das Qualitätsmanagement, welches durch den Verlust der Ingenieurkompetenz bei den beteiligten Parteien ein Schwerpunkt des BPM ist und zuküntig sein wird. Das Termin- und Kostenmanagement, als elementares Regulierungsinstrumentarium, wobei insbesondere im Bauwesen sehr große Vorgangsdauern bei den prototypischen Bauprozessen vorhanden sind.
    Die enorm hohen Anforderungen an die Wirtschaftlickeit, fordern des Weiteren einen Schwerpunkt im Vertragsmanagement, d.h Vertragskonzeptionierung und Umsetzung des ungestörten und gestörten Vertragshältnisses. Das Vertragsmanagement bedingt eine saubere und für eine dritten Sachverständigen nachvollziehbare Dokumentation – dieser Handlungsbereich bildet einen weiteren Schwerpunkt des BPM.

    Ich möchte den Defintionsversuch, so wie Ihn Herr Dr. Mathoi zur Diskussion gestellt hat, nicht schließen und meine Erläuterungen nicht als Vollständig bezeichnen. Dagegen möchte ich, wie bereits angerissen, folgende bekannte Kontroverse aufwerfen:

    Ist das Bauprojektmanagement die Mutter des Projektmanagements?

  3. Hallo zusammen,

    aus meiner Sicht unterscheiden sich die Aufgaben und Funktionen des BPM nicht wesentlich vom PM in anderen Anwendungsbereichen (Planung, Steuerung, Überwachung, Führung, Kommunikation, Organisation, Dokumentation…).

    Allerdings stimme ich mit den Meinungen meiner „Vorredner“ überein, dass ein guter Bauprojektmanager (m/w) bzw. ein guter Bauleiter (m/w) in jedem Fall Ahnung von der Materie haben muss. Der Anwendungsbereich der Bauwirtschaft hat einfach zu viele Eigenheiten und Spezialitäten, als dass ein erfahrener PM aus einem anderen Bereich mal so einfach ein (größeres) Bauprojekt leiten könnte.

    Noch ein Gedanke zur Frage: „Ist das BPM die Mutter des PM?“

    In Anlehnung an Dr. Angermeiers Argumentation / Definition würde ich diese Frage mit JA beantworten. Denn es ist absolut nachvollziehbar, dass bereits vor Tausenden von Jahren „Projekte“ durchgeführt wurden, und diese hatten natürlich fast ausschließlich ein Bauvorhaben zum Ziel.

    Viele Grüße,

    Stefan Hagen

  4. Hallo und vielen Dank für Eure Kommentare!
    Ich denke, es ist für einen Projektmanager unbedingt eine entsprechende Kenntnis der Materie (Fachwissen) erforderlich, wenn er/sie ein Projekt erfolgreich organisieren, planen, umsetzen und abschließen will. Das gilt m.E. für alle Branchen und Sparten! Ich würde mir als Bauprojektmanager ja auch nicht anmaßen, ein Raumfahrtprojekt bewältigen zu können – wenngleich gewisse Themen- oder besser gesagt Handlungsbereiche ähnlich sind (z.B. Kosten, Termine, etc.). Aber die Inhalte sind eben nicht die selben …

    Dass im Bauwesen auch PM-Ansätze anderer Branchen mit Interesse verfolgt werden und über deren Anwendung in unterschiedlichen Ausprägungen immer wieder nachgedacht wird, finde ich im Sinne der stetigen Weiterentwicklung ganz wichtig. Schließlich können wir für das BPM von anderen Branchen nur dazulernen …

    Zur Frage „Ist das BPM die Mutter des PM?“: Dr. Angermeier bezeichnet das BPM in seiner Definition als Urform des PM und leitet dies aus der Historie ab (Stichwort: antike Bauprojekte wie Pyramiden, chinesische Mauer, etc.; nachzulesen unter http://www.projektmagazin.de/glossar/gl-0409.html). Jedoch wurden auch große Seereisen oder militärische Feldzüge detailliert geplant und dann entsprechend umgesetzt. Auch hier könnte man von einer Urform des PM sprechen. Allen diesen so genannten PM-Urformen ist jedoch gemeinsam, dass diese formlos und alleinig aufgrund der Erfahrungen und Kenntnisse der verantwortlich handelnden Personen geschahen.
    Seine Ausprägung in der heutigen Form hat das BPM jedoch wie das PM generell aus den militärischen Waffenentwicklungsprogrammen der 1940er- und 1950er-Jahre oder vom Apollo-Programm.

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