Der deutsche Industriedesigner Dieter Rams vertrat den Grundsatz, dass gutes Design so wenig Design wie möglich sein sollte. In diesem Kontext kann man das Design von Obsidian mit seinem unaufdringlichen und übersichtlichen Erscheinungsbild durchaus als gelungen bezeichnen. Umso erstaunlicher, dass die App dennoch einen so großen Funktionsumfang bietet und dank Plugins zu einer integrierten Denkumgebung und sogar zum Musik-Player ausgebaut werden kann. Doch dieser Ansatz, das persönliche Aufgaben- und Wissensmanagement in einer einzigen App zu konzentrieren, widerspricht dem, was man in den meisten Büchern rund um Personal Knowledge Management lesen und in vielen Videos und Online-Kursen auch sehen kann.
Doch die Konzentration von Funktionen und Arbeitsprozessen in einer App ist mit Obsidian durchaus sinnvoll möglich. Schließlich kann Obsidian nicht nur ein digitales Notizbuch sein, sondern in Anlehnung an eine Integrated Development Environment (kurz: IDE) als integrierte Entwicklungsumgebung für Textdateien im Markdown-Format eben auch als Integrated Thinking Environment (kurz: ITE) genutzt werden. Mit Obsidian können die Abläufe für kreatives und produktives Arbeiten unter einem digitalen Dach vereint werden. Es ist der Sweet Spot sowohl für kreative und produktive Prozesse wie Denken und Schreiben, sowie für die Projektplanung und das Aufgabenmanagement zur Unterstützung der eigenen Produktivität. Zudem kommt man durch die Konzentration der Arbeitsprozesse in einer App eher in einen kontinuierlichen und kreativen Arbeitsfluss, erspart sich das oftmalige hin und her wechseln zwischen verschiedenen Apps, verliert nicht den Fokus und wird auch nicht abgelenkt.
Doch bei all der Begeisterung für die praktischen und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Obsidian darf man nicht darauf vergessen, dass diese App eigentlich ein digitales Notizbuch ist. Daher sollte die Auswahl der externen Erweiterungen sorgfältig erfolgen und nur jene Plugins sollten installiert werden, die man auch tatsächlich benötigt. Getreu dem KISS-Prinzip sollte man es so simpel und einfach wie möglich halten. Schlussendlich gilt das bereits erwähnte, Rams'sche Prinzip für gutes Design auch für die Arbeitsabläufe und Prozesse, die man in Obsidian implementiert. Und es besteht keine Verpflichtung dazu, Obsidian zu einer All-in-one-Lösung auszubauen.