Heute ist bei ILM (wieder) ein Artikel über Nachhaltigkeitsaspekte bei Immobilieninvestitionen erschienen. Dieser Artikel beschäftigt sich mit einer gleichnamigen Studie von Ernst&Young. In dem Artikel wird die Studie kurz skizziert und mir ist der folgende Absatz besonders aufgefallen: „Fast 90 Prozent der befragten Institute und Unternehmen in Deutschland sind zudem der Meinung, dass Nachhaltigkeit im Portfoliomanagement in Bezug auf die Rendite und Energieeffizienz die größte Rolle spiele.“
Wenn also Nachhaltigkeit bei Immobilieninvestitionen eine derart gewichtige Rolle zu spielen beginnt, dann ist es höchste Eisenbahn, dass wir uns auch Gedanken machen, wie wir Nachhaltigkeitsaspekte in den Planungsprozess von Immobilien integrieren können. Leider schlüpfen derzeit die Bewertungssysteme hierzulande (z.B. ÖGNI, DGNB) gerade aus den Kinderschuhen. Es gibt noch nicht einmal für alle Gebäudetypen ausgereifte Kriteriensteckbriefe (z.B. sind Laborgebäude derzeit gerade in Ausarbeitung) als Bewertungsgrundlage. Zudem sind die Kriterien aus den Bewertungssystem nicht einfach so als Messlatte für die Planung einer nachhaltigen Immobilie einsetzbar. Dies zum einen deshalb, weil die Bewertungssysteme auch für die Bewertung bereits errichteter Immobilien ausgerichtet sind und zum anderen, nicht ohne Konkretisierung der Zielvorgaben in allen Kriterien im Planungsprozess angewendet werden können.
Erschwerend kommt auch hinzu, dass vor allem in den frühen Planungsphasen eines Bauprojektes, in denen die maßgeblichen Systementscheidungen getroffen werden, noch nicht alle Daten für eine vollständige Bewertung aller Kriterien zur Verfügung stehen.Es kann z.B. mit einem Vorentwurf noch keine Lebenszykluskostenberechnung bis ins letzte Detail angestellt, oder das Treibhauspotential eines Gebäudes ermittelt werden.
Wir haben das gerade bei einem Projekt ausprobiert und einen sogenannten Pre-Check nach DGNB auf Basis der Vorentwurfsplanung durchgeführt. Das Ergebnis zeigt zwar in einigen Themenbereichen, wo das geplante Gebäude noch Verbesserungspotential in Sachen Nachhaltigkeit aufweist. Gleichzeitig mussten wir feststellen, dass wir aber nahezu ebenso viele Kriterien noch gar nicht bewerten können, da die Planungsergebnisse eines Vorentwurfes dies nicht zulassen.
Nachhaltigkeit wird auch gemeinhin mit Energieeffizienz gleichgesetzt. Das ist grundlegend falsch. Es gehören neben der Energieeffizienz auch soziale, kulturelle, nutzungsbedingte und prozessbedingte Aspekte im engeren Sinne, sowie die Standortqualität im weiteren Sinne zu einer nachhaltigen Immobilie. Alle diese Themen sind auch in der Planung zu berücksichtigen, damit sichergestellt werden kann, dass am Ende des Projektes auch eine tatsächlich nachhaltige Immobilie errichtet wird – und eben nicht nur eine energieeffiziente.
Wer denkt also bei der Investition in eine Immobilie bereits an die Nachhaltigkeit in der Planung? Und wie lassen sich Nachhaltigkeitsaspekte sinnvoll und ohne den Planungsprozess zu sehr aufzuhalten, in die Planung eines Bauprojektes integrieren? Wir suchen derzeit nach Lösungsansätzen. Die Diskussion ist daher eröffnet und sie wird eine spannende werden … insbesondere vor dem Hintergrund, dass Nachhaltigkeitsaspekte nicht nur zur Rendite- und Betriebskostenoptimierung degradieren sollen, sondern dieser aktuelle Trend für ein Umdenken zur wirklich nachhaltigen Planung und Projektabwicklung genutzt wird.