Eine Frage, die sich bei (fast) jedem Projekt in der Projektvorbereitung resp. der Planung der Planung stellt, ist jene nach Möglichkeiten zur Messbarkeit des Planungsprozesses. Und zwar geht es nicht nur um eine Messbarkeit hinsichtlich der Dauer der einzelnen Planungsschritte, denn dafür gibt es (zumindest grobe) Richtwerte und Berechnungsmethoden. Es geht vielmehr um das Messbarmachen der Komplexität und einer eventuell daraus resultierenden, optimalen Planungs- bzw. Projektteamgröße.
Zu diesem Gedankenexperiment hat mich das Kaptiel Der Zahlenmann in Tom DeMarco’s “Der Termin” inspiriert (am besten gleich bestellen, falls nicht schon in der eigenen Bibliothek vorhanden). In diesem Kapitel erläutert Tom DeMarco, wie man synthetische Messgrößen über einfache Formeln aus messbaren Primitiven ableiten und auf andere Projekte übertragen kann.
Messbare Primitve sollen gut und mit geringem Aufwand ermittel- bzw. zählbar – also messbar – sein. Bei einem Bauprojekt könnten das zum Beispiel folgende Daten und Kennzahlen sein:
- Planungsdauer je Planungsstufe (z.B. Vorentwurf, Entwurf, etc.) und im Gesamten
Größe des Planungsteams (inkl. der Auftraggeber- und Nutzervertreter sowie der technischen Zeichner) - Größe der Subplanungsteams (z.B. TGA-Team)
- Kostenkennwerte (z.B. Bauwerkskosten, Baukosten, Errichtungskosten, etc.)
- Kennzahlen zur Quantität des Bauwerks (z.B. Nutzfläche, Bruttogrundfläche, Bruttorauminhalt, Geschoßanzahl, Fassaden- bzw. Hüllfläche, Aussenanlagenfläche, bebaute Fläche, etc.)
- Energie- und TGA-Kennzahlen (z.B. Heizwärmebedarf, Kühlbedarf, Anzahl der Lüftungsanlagen im Gebäude, Luftwechselzahlen, etc.)
- Anzahl von Besprechungen (z.B. Projektbesprechungen mit dem Auftraggeber, Nutzerabstimmungen, Planungsbesprechungen, Lenkungsausschusssitzungen, etc.)
- Anzahl der in der Planung untersuchten Varianten für z.B. Gebäudekühlung, etc.
- Anzahl der gefundenen Fehler in der Planung je Planungsstufe (z.B. aus dem Prüfbericht zur Entwurfsplanung)
- usw.
Setzt man einige oder alle dieser messbaren Primitive in Relation zu einander, erhält man diverse Aussagen über das Projekt. Zum Beispiel in wie fern die Größe eines Projektes direkt proportional zu seiner Planungsdauer ist, oder zur Anzahl der Nutzerabstimmungen. Oder welchen Zusammenhang es zwischen der Planungsdauer, der Häufigkeit von Besprechungen und der Fehleranfälligkeit in der Planung gibt.
Vielleicht wäre das ein Thema für eine Diplomarbeit oder ein kleines Forschungsprojekt. Man könnte mehrere (Hoch)Bauprojekte hinsichtlich vorher definierter messbarer Primitve über eine Komplexitätsmatrix auswerten, um herauszufinden, ob sich daraus eine Möglichkeit zur Berechnung der optimalen Planungsteamgröße, Planungsdauer oder ähnlichem ableiten lässt.
Artikelbild: “009 display” von Camille Rose auf flickr.com