Im aktuellen Digitalisierungsindex 2020/21 des deutschen Baugewerbes wurde ermittelt, dass lediglich 15% der Bauunternehmen die Methode Building Information Modeling (BIM) nutzen. Und vermutlich ist das in Österreich nicht viel anders. Eine erschreckend kleine Zahl also! Während in andere Themen der Digitalisierung wie beispielsweise digitale Bautagesberichte, Web- und Videokonferenzen oder das Umrüsten auf mobile Endgeräte investiert wird, schwächelt BIM.
In einer Studie von USP Consulting im Auftrag von Autodesk wurden 138 Ingenieure zum Einsatz von BIM und den damit verbundenen Potentialen zur Effizienzsteigerung befragt. Eines der Ergebnisse war, dass der 2015 vom deutschen BMVI vorgestellte BIM-Stufenplan unter anderem vorgesehen hat, dass öffentliche Aufträge seit dem 30.12.2020 nur noch an Unternehmen vergeben werden, die mindestens in der Planungsphase auf BIM setzen. Das motiviert die Branche natürlich zusätzlich, sich rascher zu digitalisieren und damit auch Wettbewerbsvorteile zu nutzen. In Österreich fehlen derartige Anreize derzeit noch. Und daher kommt BIM eher selten und zögerlich zum Einsatz.
Im Zuge einer Diplomarbeit an der FH Joanneum wurde im Rahmen einer Wechselwirkungsanalyse zur Digitalisierung der steirischen Bauwirtschaft unter anderem auch die Rolle von BIM in der Digitalisierung genauer untersucht.
Auf Basis einer online-Umfrage wurde eine Cross-Impact Bilanzanalyse durchgeführt. Die damit ausgewerteten Szenarien wurden anschließend durch Interviews mit Experten aus verschiedenen Bereichen der Baubranche hinsichtlich deren Plausibilität überprüft, um die zentrale Forschungsfrage der Arbeit nach der wechselseitigen Beeinflussung der Digitalisierung so realitätsnahe wie möglich beurteilen zu können. Dabei hat sich die quasi flächendeckende Etablierung der BIM-Methode als eine der treibenden Schlüsselkräfte für die Digitalisierung in der gesamten Baubranche ergeben – also nicht nur in der Planung, sondern auch in der Bauausführung.
BIM kann also sprichwörtlich als Fundament für eine hochgradige Digitalisierung der Baubranche und der damit verbundenen Effizienzsteigerung verstanden werden. Von digitalisierten Planungsprozessen ausgehend ergeben sich Potentiale, die von virtuellen Vergabeprozessen über digital vernetzte Baustellen bis hin zu KI-gestützter Automatisierung in Planung und Bauausführung reichen. Ein zentrales Element für die Nutzbarmachung dieser Potentiale ist die vollständig realitätsnahe Modellierung des Bauwerks mit der BIM-Methode in allen bis dato definierten sechs Dimensionen.
Aber wie kann der Sprung vom dreidimensionalen parametrischen Gemoetriemodell zu einem mehrdimensionalen Bauwerksmodell mit allen notwendigen Daten und Informationen zu Materialien, Terminen, Kosten, Betriebsdaten, etc. gelingen? Die Lernkurve dahin ist steil und versperrt teilweise den Ausblick auf den Nutzen. Aber auch die etablierten und gewohnten Prozesse insbesondere in den interativen Planungsphasen sind eigentlich für eine interdisziplinäre und mehrdimensionale Entwicklung eines Bauwerksdatenmodells wenig förderlich. Ein integraler Planungsprozess könnte hier Verbesserungen bringen.
Ein weiterer Aspekt ist die Art und Weise der digitalen Zusammenarbeit. Nicht nur während der Planungsphase sondern auch in der Ausführung, wenn Baufirmen und viele Professionisten das Projektteam verstärken. Hierfür werden nicht nur klare Regeln und Berechtigungen für den Zugriff auf das digitale Bauwerksmodell benötigt, sondern es müssen auch niederschwellige technische Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Schließlich verfügt nicht jedes auf der Baustelle beschäftigte Unternehmen über die notwendigen Geräte und Kenntnisse der Bedienung um beispielsweise Leistungsfortschritte oder verbaute Produkte im Bauwerksdatenmodell einzugeben.
Wenn BIM weiterhin nicht nur im derzeitigen Bummel- und Gelegenheitsmodus betrieben werden soll, muss auch in der Ausbildung in allen Bereichen der Baubranche gewichtiges Augenmerk auf die BIM-Methode gelegt werden. Sowohl auf den Hochschulen als auch in den Lehrberufen ist es zwingend erforderlich, grundlegendes Verständnis und Kenntnisse über die Anwendungsmöglichkeiten von BIM in den Ausbildungsplänen und Curricula zu etablieren. Denn sonst ist zu befürchten, dass ein wesentlicher Baustein in der Digitalisierung der Baubranche fehlen und damit auch weiterhin bestenfalls nur marketingtechnisch geBIMmelt wird.