Technik

WWDC23-Keynote im Rückspiegel

Was war das für eine Vorstellung! Die Keynote zur WWDC 2023 wird sicher noch etwas länger nachhallen. Auf die gewohnt präzise und perfektionierte Art und Weise hat Apple in gut zwei Stunden die diesjährigen Neuerungen im Mac Line-up, in den kommenden Betriebssystemversionen und über die Zukunft des Computers präsentiert. Mit ein paar Tagen Zeitabstand zum Verarbeiten hier im Rückspiegel betrachtet eine chronologisch nicht ganz so exakte Zusammenfassung. Und nachdem ich reise-bedingt in diesem Jahr etwas spät dran bin und schon so viel über die diesjährige WWDC berichtet wurde, versuche ich mich etwas kürzer fassen.

WWDC23-Keynote auf Apple’s YouTube-Kanal

Neue Macs (in alten Schläuchen)

Intel ist Geschichte und der Übergang zu Apple-Silicon abgeschlossen. Mit der Präsentation des neuen Mac Pro mit dem M2-Prozessor aus eigenem Hause hat Apple nun auch die letzte Geräteklasse umgestellt. Auch der Mac Studio aus dem letzten Jahr hat ein Upgrade auf den M2-Prozessor erhalten. Beide Macs bleiben im bereits bewährten Design und Formfaktor erhalten. Und obendrein hat Apple mit dem M2-Pro, dem M2-Max und dem neuen M2-Ultra gleich drei Versionen zusätzlich zum normalen M2 im Programm.

Das neue MacBook Air mit 15 Zoll Bildschirmdiagonale (Bild: Apple)

Neu hinzugekommen ist ein MacBook Air mit 15 Zoll Bildschirmdiagonale und M2-Prozessor. Damit gibt es jetzt wieder zwei Modelle des MacBook Air mit unterschiedlicher Größe. Das war schon einmal von 2010 bis 2015 der Fall. Damals allerdings hat Apple ein kleineres Gerät mit 11 Zoll zusätzlich zum 13-Zoll-Modell angeboten.
Der neue Formfaktor hört sich gut an und es gibt auch bereits erste Reviews, die das bestätigen und dem Gerät zudem gute Bewertungen geben.

In Summe ist das vermutlich das bisher beste Mac Line-up seit langem. Die Bandbreite reicht vom kleinen MacBook Air mit M1-Prozessor um 1.199 EUR in der Basisausstattung bis zum voll ausgestatteten Mac Pro um 14.319 EUR

i(Pad)OS 17

Relativ wenig tut sich heuer bei den beiden mobilen Betriebssystemen für iPhone und iPad. Zumindest auf den ersten Blick. Dennoch beinhaltet der eher an Serviceupdates erinnernde Funktionsumfang ein paar interessante Details, wie etwa die neue Check-in-Funktion für iOS17. Die finde ich als Vater einer Teenager-Tochter tatsächlich praktisch.

Die neue Check-in-Funktion in iOS 17 (Bild: Apple)

Dass Apple mit iPadOS 17 nun auch am iPad die Konfigurationsmöglichkeiten für den Sperrbildschirm und Widgets am Homescreen anbietet, wie wir sie bereits vom iPhone her kennen, kann als konsequente Weiterentwicklung gewertet werden. Das wäre uns vermutlich erspart geblieben, wenn nicht schon vor ein paar Jahren iOS und iPadOS getrennte Wege eingeschlagen hätten. Insofern mutet es schon ein wenig komisch an, dass iPadOS nunmehr ein Jahr hinter iOS nachhinkt. Da hilft es auch recht wenig, wenn jetzt endlich die Health-App mit iPadOS 17 auf das iPad kommt. In Summe ist das nach wie vor ein bisschen wenig Pro-Funktionalität für die großartige Hardware der iPad-Modelle.

Neue Möglichkeiten zum Notieren in und Anzeigen von PDF-Dateien in iPadOS 17 (Bild: Apple)

Das beste unter den neuen Funktionen sind vermutlich die erweiterten Möglichkeiten für PDF-Dateien und die interaktiven Widgets. Damit lassen sich beispielsweise Aufgaben in der Erinnerungen-App direkt über das Widget auf dem Homescreen als erledigt markieren, oder Geräte im Smart-Home-Netzwerk steuern.

Live-Sticker, Telefonfunktionen, offline-Karten und Nachttisch-Modus sind eher Spielerei und hätten auch in einem normalen Update Platz gefunden.

Interessant finde ich die neue Journal-App, die später in diesem Jahr – also rund um Weihnachten – erscheinen wird. Dafür wird es dann auch eine API geben, die Softwareentwickler in ihre Apps einbinden können. Spannend wird, ob es auch Funktionen für Siri-Kurzbefehle für die neue Journal-App geben wird, um damit beispielsweise Daten auch in andere Apps, wie Obsidian zu exportieren.

macOS 14 Sonoma

Ähnlich wie bei iOS und iPadOS 17 sind auch bei macOS 14 alias Sonoma die Neuerungen heuer eher kosmetischer Natur. Den Beinamen Sonoma für das neue Betriebssystem finde ich übrigens sehr schön.

Auch am Mac kann man mit macOS Sonoma dann Widgets am Homescreen platzieren. Das alte Dashboard wandert also aus der versteckten Seitenleiste am rechten Bildschirmrand direkt auf den Desktop. Die Widgets gehen dezent in den Hintergrund, sobald eine App geöffnet wird. Und man hat sogar Zugriff auf Widgets von Apps, die am iPhone installiert sind. Allerdings nur dann, wenn sich das iPhone in der Nähe des Mac befindet – also vermutlich zumindest im selben WLAN.

Widgets am Desktop in macOS 14 Sonoma (Bild: Apple)

Die neuen Bildschirmschoner und Hintergrundbilder sind ebenfalls optisch ansprechend gestaltet, aber natürlich auch nur eine nette Spielerei.

Spannender sind jedenfalls die Verbesserungen im Bereich der Privatsphäre beim Surfen im Internet, die Apple schon seit einigen Jahren konsequent weiter entwickelt. Die neuen Profile, die in Safari unterstützt werden, sehen ebenfalls praktisch aus.
Besonders interessant ist die neue Funktion in Safari auf dem Mac, mit der man aus jeder Website eine Web-App machen kann. Ähnlich wie unter i(Pad)OS ist es dadurch möglich, eine Website mit einem eigenen Icon im Dock und im Launchpad am Mac zu platzieren. Ruft man diese Web-App auf, läuft zwar Safari im Hintergrund, allerdings verhält sich die Website dann wie eine eigenständige App am Mac. Als Betreiber einer Software, die im Internet respektive im Webbrowser läuft, finde ich diese Funktion einfach spitze!

Schlussendlich versucht Apple weiterhin, auch Computerspiele stärker auf den Mac zu bringen. Dazu gewährte in der Keynote der japanische Spielentwickler Hideo Kojima einen Blick auf sein nach macOS portiertes und dafür optimiertes Death Stranding: Directors Cut, das Anfang Dezember auf Macs mit Apple-Silicon kommen wird. Im Mac App Store kann das Spiel bereits vorbestellt werden.

watchOS 10 und tvOS 17

Was sich bisher wie ein roter Faden durch diese WWDC-Keynote gezogen hat, setzt sich auch bei den Nachfolgern für watchOS und tvOS fort.

Das neue watchOS 10 bietet neben ein paar Verbesserungen am Homescreen und im Kontrollzentrum auch ein überarbeitetes Design der vorinstallierten Apps. Neue Ziffernblätter sind auch mit an Bord. Witzig ist dabei das Ziffernblatt mit Snoopy und Woodstock mit seinen liebevollen Animationen. Der neue Smart Stapel erinnert mich jedenfalls sehr an das Siri-Watchface, das irgendwann in Vergessenheit geraten ist und nun eine Renaissance feiert.
Die Optimierungen für das Radfahren in der Training-App und das Zusammenspiel mit dem iPhone, das dann das Radfahrtraining samt Messwerten als Live-Aktivität anzeigt, sind tatsächlich eine Bereicherung. Ebenso die neue dreidimensionale Darstellung in der Kompass-App samt automatischem Speichern von Wegpunkten, an denen es zuletzt Mobilfunk- oder Satellitenempfang gegeben hat, sind durchaus praktisch. Die topografischen Karten wird es vorerst nur in den USA geben, was zwar verständlich, aber durchaus schade ist. Bleibt zu hoffen, dass die Wartezeit bis zum Erscheinen hierzulande nicht allzu lange ausfällt.

Mit tvOS 17 bringt Apple FaceTime und Videokonferenzen auf das Apple TV 4K. Dafür kann man dann das iPhone als Webcam benutzen. Aber wie gesagt, das klappt nur mit dem 4K-Modell des Apple TV. Ebenso nur der jüngsten Generation der Siri Remote Fernbedienung vorbehalten ist die bessere Integration mit dem iPhone. Mit dem iPhone kann man dann auch die Fernbedienung zum Apple TV suchen, wenn man sie verloren hat.
Die beste neue Funktion in tvOS 17 ist allerdings die Möglichkeit, VPN von Drittanbietern auch auf dem Apple TV zu verwenden. Das öffnet neue Möglichkeiten für den Zugriff auf Mediatheken von Fernsehsendern aus anderen Ländern.

Vision Pro & visionOS – spatial computing

Über Tim Cook’s „one more thing“-Moment mit der neuen Vision Pro Brille wurde in den vergangenen Tagen bereits sehr viel berichtet. Und ich muss ehrlich zugeben, dass mich die neue Brille zwar technisch und vom Design her beeindruckt, ich aber dafür derzeit bei meiner täglichen Arbeit keinen Anwendungsfall habe.

Apple selbst bezeichnet die Vision Pro als seinen ersten räumlichen Computer. Wie wir das von Apple gewöhnt sind, bringt das zugehörige Betriebssystem visionOS ein gutes und durchdachtes Bedienkonzept. Die Hightech-Brille selbst ist ein eigenständiger Computer und man benötigt dafür weder ein iPhone oder iPad, noch einen Mac.

Räumliches Arbeiten mit Apples Vision Pro als Bildschirmersatz (Bild: Apple)

Die in der WWDC-Keynote vorgestellten Anwendungsfälle reichen von Videokonferenzen über Filme und Serien ansehen bis hin zum Bildschirmersatz bei der Arbeit oder dem Aufnehmen von dreidimensionalen Videos bei einem Kindergeburtstag.

Vision Pro wird über ein Kabel mit Strom versorgt, der entweder direkt aus einem Netzteil oder von einem Akku kommt. Letzterer bietet eine Laufzeit von zwei Stunden.

Als Preis für Vision Pro hat Apple 3.500 USD ausgerufen, was um ca. 500 USD über den Schätzungen aus der Gerüchteküche liegt. In Europa wird die Brille dann vermutlich nicht unter 4.000 EUR zu haben sein.

Fazit

Von wegen kurz gehalten! Das ist mir aufgrund der doch recht üppigen Fülle in dieser WWDC-Keynote nicht gelungen. Und das, obwohl ich bei weitem nicht alle neuen Funktionen und Details erwähnt habe, bzw. darauf eingegangen bin.
Obendrein haben nicht mal alle neuen Funktionen auch eine Sendezeit in der WWDC-Keynote bekommen. Zum Beispiel das lange ersehnte Verlinken von Notizen in der Notizen-App von Apple oder dass nun auch am iPad externe Webcams verwendet werden können.

Dass Apple in diesem Jahr eher kleinere, dafür doch recht viele Verbesserungen bringt, finde ich in Summe gar nicht schlecht. Alle Betriebssysteme verfügen meiner Meinung nach ohnehin schon über ausreichend Funktionalität und so ist es auch in Ordnung, wenn Apple sich (hoffentlich) auf zusätzliche Stabilität konzentriert.

In Summe hat Apple zur WWDC 2023 eine dicht gedrängte Keynote mit vielen Produkten präsentiert. Auffällig war, dass es mehr um die Produkte an sich ging und die Möglichkeiten, die sich daraus für Entwickler bieten, nahezu in den Hintergrund geraten sind. Hier und da war ein Hinweis auf ein SDK oder eine API, das war es dann aber auch schon.
Software- und Entwicklungstechnisch ging es erst mit der Platforms State of the Union so richtig los, sowie in den Sessions und Labs an den nachfolgenden Tagen der WWDC.