Manche sind der Meinung, planen sei feig. Doch meistens ist es gut, zumindest einen rudimentären Plan zu haben, selbst wenn dieser im Zuge seiner Umsetzung angepasst werden muss. Denn durch den Prozess des Planens verschafft man sich einen Überblick, identifiziert einen Weg zum gesteckten Ziel und bereitet sich darauf vor. Beim Aufgabenmanagement wird jedoch häufig übersehen, dass man für das Erledigen von Dingen auch feste Zeitgrenzen planen sollte. Alleine schon deshalb, um sich selbst nicht zu überbuchen, indem man sich zu viel für einen Tag vornimmt. Am besten gelingt das in Form einer Tagesplanung mit Zeitblöcken.
Jeden Morgen – außer an Wochenenden und Feiertagen, oder im Urlaub – nehme ich mir ein paar Minuten Zeit, um bei einer frischen Tasse Kaffee meinen Plan für den Tag zusammenzustellen. Dieses Ritual ist fest in meiner Morgenroutine verankert. Der Tagesplan selbst ist zentraler Bestandteil meiner täglichen Notiz in Obsidian und stellt eine Art Stundenplan für den jeweiligen Tag dar, in dem Vorgänge, wie Termine für Besprechungen oder Lehrveranstaltungen und Aufgaben eingetragen werden. Und weil die besten Pläne meist die einfachsten sind, gibt der individuelle Tagesablauf eine gute Grundstruktur für die Planung mit Zeitblöcken vor.
Grundstruktur
Benjamin Franklin war als einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika am Entwurf der Unabhängigkeitserklärung beteiligt und einer ihrer Unterzeichner. Für seine Tagesplanung teilte er seinen Tag in sechs Zeitblöcke ein:
- 5 bis 8 Uhr: 3 Stunden Morgenroutine (Frühstück, Lesen, Tagesplanung und Vorbereitungen auf den Arbeitstag)
- 8 bis 12 Uhr: 4 Stunden arbeiten
- 12 bis 14 Uhr: 2 Stunden Mittagspause (Essen, Lesen, Administration)
- 14 bis 18 Uhr: 4 Stunden arbeiten
- 18 bis 22 Uhr: 4 Stunden Abendroutine (Aufräumen, Musik, Abendessen, soziale Kontakte/Konversation, Tagesbilanz)
- 22 bis 5 Uhr: 7 Stunden Nachtruhe (schlafen)
Dieser Tagesplan orientiert sich am individuellen Tagesablauf seines Verfassers und stellt eine praktische Grundstruktur für dessen Arbeitsalltag dar. Die Tagesplanung an sich zur Vorbereitung auf den Arbeitstag ist Bestandteil der Morgenroutine. Zudem ist ausreichend Zeit für eine Abendroutine, für Muse (Musik und lesen), sowie eine Mittagspause vorgesehen. Das sind vielfach unterschätzte Rituale, die vor allem in stressigen Zeiten Rhythmus und Richtung geben können.
Vorgehensweise
Die Planung des Arbeitstages erhöht die Produktivität und wirkt zugleich stressreduzierend, sofern man es mit dem Planen nicht übertreibt. Es geht primär darum, die Zeit für die Dinge zu finden bzw. zu reservieren, die wichtig sind und die man erledigen will oder muss.
Dazu teilt man den Tag wie auf einem Stundenplan in die einzelnen Stunden ein und bildet Blöcke, so ähnlich wie das Benjamin Franklin gemacht hat. Diesen Zeitblöcken werden dann bestimmte Tätigkeiten, Termine für beispielsweise Besprechungen, oder Aufgaben zugewiesen. Durch die Zuweisung kann sich das Gehirn besser auf die anstehende Aufgabe fokussieren, weil man sich bereits entschieden hat, wie dieser Zeitblock genutzt wird und wie viel Zeitbudget dafür zur Verfügung steht. Die Vorgehensweise bei der Erstellung des Tagesplans besteht aus vier Schritten:
- Als Erstes werden auf Basis des individuellen Tagesablaufes rituelle Zeitblöcke für beispielsweise die Morgen- und die Abendroutine reserviert.
- Im zweiten Schritt trägt man die bereits vereinbarten Termine, wie zum Beispiel Besprechungen oder Lehrveranstaltungen ein.
- Danach werden die Zeitblöcke für die wichtigen Aufgaben und Projekte festgelegt, die man an diesem Tag erledigen möchte.
- Wenn dann noch freie Zeitblöcke verfügbar sind, kann man die mit weiteren Tätigkeiten auffüllen oder auch als Freizeit eintragen.
Das Ergebnis ist eine hierarchische Liste, die an eine Art digitales Bullet Journal erinnert.
Der Aufwand für die Erstellung des Tagesplans beträgt normalerweise ungefähr fünf Minuten. Dafür bekomme ich täglich mehrere Stunden für fokussiertes Arbeiten und schaffe es, durch die Konfrontation der geplanten Aktivitäten mit der Realität vor dem Hintergrund bzw. der Tatsache eines limitierten Zeitbudgets, mir nicht zu viel für den Tag vorzunehmen. Darüber hinaus gibt der Tagesplan das gute Gefühl, das Geplante auch bewältigen zu können. Jedoch sollte man sich nicht dazu verleiten lassen, dass auch immer alles genau so läuft, wie man es geplant hat.
Faustregeln
Alle haben Pläne, bis sie zum ersten Mal getroffen werden, antwortete Mike Tyson vor seinem Kampf gegen Evander Holyfield, als er gefragt wurde, ob er sich Sorgen über die Pläne seines Gegners mache. Im übertragenen Sinne bedeutet das für die Tagesplanung, dass man dabei nicht zu stringent vorgehen und durchaus Spielraum für Flexibilität lassen sollte.
Etwas größere Zeitblöcke gewähren diesen Spielraum, sollten aber zugleich auch nicht zu groß angelegt werden. Meine Faustregel dafür lautet, Zeitblöcke von maximal vier Stunden (so wie in der Grundstruktur von Benjamin Franklin) und nicht weniger als einer Stunde für konzentrierte Arbeit an Projekten zu reservieren. Damit hat man auch etwas zeitliche Flexibilität, wenn die Dinge mal aus dem Ruder laufen und man beispielsweise für eine Aufgabe länger benötigt, als angenommen. Oder wenn die Ablenkungsfalle zwischendurch zuschlägt und man zu lange im E-Mail-Posteingang geblieben ist. Wenn dafür ausreichend Pufferzeiten vorhanden sind, dann sind solche Ablenkungen weniger dramatisch und durchaus zulässig, solange man in der Lage ist, wieder zur eigentlichen Arbeit zurückzukehren.
Was die Anzahl an Aufgaben betrifft, die man in einem Zeitblock unterbringen kann, hängt von deren Umfang und der zeitlichen Länge des Zeitblocks ab. Als generelle Faustregel hat sich für meine Arbeitsweise gut bewährt, nicht mehr als drei Aufgaben einzuplanen, die an genau dem Tag zu erledigen bzw. fällig sind und jeweils voraussichtlich mehr als eine Stunde Zeit beanspruchen werden. Man muss jedoch gar nicht einzelne, konkrete Aufgaben im Tagesplan zuordnen. Stattdessen kann auch das jeweilige Projekt bzw. Vorhaben im Zeitblock eingetragen werden. Dadurch hat man die Freiheit, es so zu bearbeiten bzw. voranzutreiben, wie man es für richtig hält. Zum Beispiel habe ich in meinem Tagesplan das Schreiben an diesem Blogbeitrag eingetragen, nicht aber die einzelnen Aufgaben im Detail, die ich dafür erledigen muss, wie Recherche, Abbildungen anfertigen oder Korrektur lesen.
Zu guter Letzt soll der Tagesplan nicht nur aus Arbeit bestehen. Selbst wenn Produktivität Spass macht, darf man auch ein paar unterhaltsame Dinge einplanen, auf die man sich freuen kann. Das motiviert und reduziert den Frusteffekt beim Blick auf den eigenen Tagesplan. Hier lautet meine Faustregel, mindestens ein Vorhaben für Freizeit oder Vergnügen einzuplanen. Zum Beispiel eine Stunde zum Lesen und Musikhören, eine abendliche Fahrradtour oder ein geselliges Beisammensein mit Freunden.
Fazit
Unabhängig davon, wie regelmäßig und genau man plant, muss einem bewusst sein, dass selbst der beste Plan hier und da eine Kurskorrektur benötigt. Das ist nicht unbedingt etwas Negatives. Vereinzelte kleinere Ablenkungen können durchaus positiv und erfreulich sein, wenn man sie zulassen kann. Daher geht es bei der Tagesplanung nicht darum, die zur Verfügung stehende Zeit vollständig zu verplanen und einzuteilen, sondern ausreichend Zeit für die wesentlichen Dinge zu schaffen. Der Tagesplan soll eine Art Kompass sein, mit dem man besser durch den Tag navigieren kann. Dabei ist der Akt der Planerstellung wichtiger als der Plan selbst. Indem man den Plan überhaupt erst erstellt, entscheidet man sich, worauf man die Aufmerksamkeit richten will, und ist dadurch besser gerüstet, wenn Ablenkungen Kurskorrekturen erforderlich machen. Daher ist der Tagesplan nicht nur ein Überblick über den zeitlichen Tagesablauf, sondern hilft als strukturgebendes Gerüst auch dabei, plötzliche Aufgaben und Ablenkungen auf Übereinstimmung mit dem Zeitplan zu bewerten, um dennoch auf Kurs zu bleiben.