Produktivität

Goldberg-Variationen

Das Nietzsche-Zitat, dass ein Leben ohne Musik ein Irrtum sei, wurde hier im Blog schon erwähnt. Ich höre nämlich gerne und daher häufig Musik, füge wöchentlich neue Alben zu meiner Mediathek hinzu und lege manchmal ganz altmodisch eine Schallplatte oder CD auf. Aber Musik dient nicht nur der Unterhaltung, sondern kann sich sogar bei der Arbeit durchaus motivierend und somit positiv auf die Kreativität und Produktivität auswirken. Was Mozart, Bach und skandinavischer Melodic Death Metal damit zu tun haben, lest Ihr in diesem Beitrag.

Der Mozart-Effekt

In den 1990er-Jahren wurden die Auswirkungen bestimmter Musikstücke von Wolfgang Amadeus Mozart, sowie klassischer Musik generell auf die kognitive Leistungssteigerung untersucht. Insbesondere die Sonate in D-Dur für zwei Klaviere (KV 448), die Mozart um 1781 in Wien komponiert hat, soll besonders leistungssteigernd wirken. Die Ergebnisse einer Studie dazu wurden erstmals 1993 von Rauscher, Shaw und Ky unter dem Titel Music and spatial task performance im renommierten Nature-Magazin und 1995 in der Publikation Listening to Mozart enhances spatial-temporal reasoning: towards a neurophysiological basis veröffentlicht. Etwas populärwissenschaftlicher beschrieb Don G. Campbel in seinem Buch The Mozart effect – tapping the power of music to heal the body, strengthen the mind, and unlock the creative spirit dieses Phänomen. Er ließ sich die Bezeichnung Mozart-Effekt sogar patentieren.
Wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen ist der Mozart-Effekt allerdings bis heute nicht. Es gibt aber ausreichend Belege dafür, dass das Hören von Mozarts Musik leistungssteigernd und kreativitätsfördernd wirken kann, wenngleich nur temporär begrenzt.

Probieren geht über studieren

Zum Thema Musik und Leistungssteigerung bzw. Produktivität gibt es noch eine Fülle an weiteren Studien. Allerdings existiert keine allgemein gültige Regel, welche Art von Musik dafür die beste ist. Die Wirkung von Musik auf Kreativität und Produktivität ist nämlich stark individuell geprägt und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise persönliche Präferenzen in puncto Musikgeschmack, oder die Art der Tätigkeit bzw. Aufgabe, an der man gerade arbeitet.

Es muss also jeder für sich selber herausfinden, welche Musik bei welcher Art von Tätigkeit positiven Einfluss auf die eigene Leistungsfähigkeit, Kreativität und Produktivität hat. Es kann durchaus sein, dass man Musik beim Arbeiten überhaupt nicht mag oder die Arbeit dadurch sogar erschwert bzw. unmöglich wird. Darüber hinaus kann es auch von der aktuellen Tagesverfassung oder der jeweiligen Stimmung abhängen, ob überhaupt Musik beim Arbeiten und falls ja, welche Musikrichtung dafür infrage kommt.

Wenn ich konzentriert arbeiten möchte, finde ich klassische Kammer- oder Klaviermusik, die leise im Hintergrund läuft, sehr angenehm. Es gibt auch Tage, an denen klappt das gar nicht. Da brauche ich entweder Ruhe beim Arbeiten oder meine Synapsen kommen besser in Schwung, wenn sie etwas Deftigeres hören. Häufig kann ich mich dann bei Melodien aus dem skandinavischen Melodic Death Metal richtig gut konzentrieren und bekomme zugleich aus dieser Art von Musik spürbare Motivationsschübe.

Mein Bach-Effekt

Die bereits erwähnte Sonate in D-Dur für zwei Klaviere von Mozart habe ich ebenfalls ausprobiert, aber keinen nennenswerten Effekt hinsichtlich Leistungsfähigkeit oder Kreativität feststellen können. Bei Musik von Johann Sebastian Bach ist das jedoch anders. Insbesondere die Goldberg-Variationen bewirken bei mir jedenfalls einen positiven Effekt in der Konzentrationsfähigkeit und Kreativität. Diesen Bach-Effekt habe ich vor ungefähr zwanzig Jahren entdeckt, als ein Großteil meiner Dissertation unter musikalischer Begleitung von Bachs Goldberg-Variationen entstanden ist. Damals habe ich die Einspielung von Martin Stadtfeld gerne gehört. Unübertroffen sind die Interpretation von Glenn Gould aus den Jahren 1955 und 1981. Ganz aktuell zu hören ist die Version von Vikingur Olafsson, die erst vor ein paar Wochen in diesem Herbst erschienen ist.

Die Goldberg-Variationen sind der vierte und letzte Teil der Clavier-Übung von Johann Sebastian Bach. Das Werk mit der Nummer 988 im Bach-Werke-Verzeichnis hat einen streng symmetrischen Aufbau. Die Goldberg-Variationen bestehen aus einer Aria mit ihren 30 Variationen und einem da capo der Aria und sind in zwei Teile gegliedert, wobei jeder Teil aus 16 Sätzen in Gruppen zu jeweils drei Variationen besteht. Die 16. Variation ist die Overtüre zum zweiten Teil, der nach der 30. Variation mit dem Aria da capo das Werk abschließt.

Bach hat diese Variationen zusammen mit den anderen Teilen seiner Clavier-Übung in den 1730er-Jahren komponiert, der Erstdruck stammt aus dem Jahr 1741. Die Bezeichnung Goldberg-Variationen verdankt dieses Werk dem Cembalisten Johann Gottlieb Goldberg, einem Schüler Bachs und von dessen ältestem Sohn, Wilhelm Friedemann Bach. Diese Namensgebung basiert auf einer Anekdote, die der Musikforscher Johann Nikolaus Forkel in seiner Biografie über Johann Sebastian Bach 1802 veröffentlicht hat und die bis heute ob ihres Wahrheitsgehalts angezweifelt wird.

Vermutlich sind es das schlichte harmonische Gerüst der Aria und ihrer 30 Variationen, sowie der symmetrische Aufbau des gesamten Werks, die mich als Techniker beim Hören unbewusst ansprechen und diesen Bach-Effekt erzeugen.

Fazit

Mein Musikgeschmack, der zwischen skandinavischem Melodic Death Metal, klassischer Klavier- und Kammermusik oszilliert, ist – zugegeben – etwas schräg, aber über Geschmack lässt sich ja bekanntermaßen trefflich streiten. Fakt ist jedoch, dass die richtige Musik eine positive und motivierende Atmosphäre schaffen kann, was sich auf die Produktivität und die Kreativität förderlich auswirkt. Musik kann auch den Stresspegel senken und dadurch dazu beitragen, dass man sich besser konzentrieren kann.

Allerdings wirkt nicht jede Art von Musik für alle Menschen gleichermaßen und für manch einen oder eine ist Stille zum konzentrierten Arbeiten unabdingbar. Es macht also Sinn, verschiedene Genres und Stile auszuprobieren, um herauszufinden, was am besten für die persönliche Kreativität und Produktivität geeignet ist.

Übrigens ist dieser Beitrag natürlich unter dem musikalischen Einfluss der Goldberg-Variationen in der Interpretation von Vikingur Olafsson und ein paar Songs aus dem Album Halo der finnischen Band Amorphis entstanden.