Projektmanagement
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Agiles Bauprojektmanagement

Herkömmliche Vorgehensmodelle wie z.B. das Wasserfallmodell oder das Spiralmodell bieten nicht immer ausreichend Flexibilität, um einen zeitlich raschen Projektablauf zu ermöglichen, oder ein Projekt unter hohem Zeitdruck erfolgreich abzuwickeln. Zu stark gehen diese Vorgehensmodelle von einem sequentiellen Phasenablauf mit dem jeweils entsprechenden Zeitbedarf aus, wobei in einer Projekthase die Ergebnisse der jeweils vorangegangenen Phase weiter detailliert werden.
In der Software- und IT-Branche wurden daher so genannte agile Projektmanagementansätze entwickelt, mit denen eine rasche und effiziente Produktentwicklung bei gleichzeitiger Verkürzung der Projektdauer möglich wird. Diese agilen Modelle basieren im wesentlichen auf den fünf folgenden Anforderungen an ein effizientes Projektmanagement-Framework:

  • Kommunikation forcieren
  • Formalismus (auf das Notwendige) minimieren
  • Iteration und Intuition integrieren
  • Kooperation statt Konfrontation (Vertrag = vertragen) etablieren
  • Funktionalität und Flexibilität maximieren

Sieht man sich den vermutlich bekanntesten agilen PM-Ansatz namens SCRUM (engl. für Gedränge) genauer an, stellt man auf Anhieb einige Parallelen zum Bauprojektmanagement fest. Insbesondere in der Planungsphase (= Planung vor dem Baubeginn, die der Auftraggeber mit seinem Planungsteam durchführt – in der klassischen Bauprojektabwicklung sind das die Planungsphasen Vorentwurf, Entwurf, Einreich-/Genehmigungsplanung, sowie die bauvorbereitende Ausführungs-/Detailplanung samt Erstellung der Leistungsverzeichnisse) kann SCRUM durchaus auch bei Bauprojekten angewendet werden. Charakteristisch für SCRUM sind kurze Feedbackschleifen (sog. Sprints) und viel Transparenz. Dabei ist die Vorgehensweise mit schlanken Prozessen und flachen Hierarchien extrem flexibel gestaltet.

Nachstehend werden die wesentlichen Rollen und der Ablauf von SCRUM kurz skizziert:

Quelle: Projekt Magazin 11/2010 (http://www.projektmagazin.de/magazin/abo/artikel/2010/1110-2.html)

SCRUM-Rollen

  • Product Owner: entspricht im Bauwesen dem Projektauftraggeber resp. dem Bauherren; definiert die Anforderungen und ist verantwortlich für den (geschäftlichen) Erfolg des Projektes
  • Team: entspricht im Bauwesen dem Planungsteam und evtl. weiteren Nutzerteams bzw. Subteams für die Planung (z.B. Gebäudetechnik-Team); bei SCRUM ist das Team in selbstorganisierter Weise für die Umsetzung der Anforderungen verantwortlich
  • Scrum Master: entspricht im Bauwesen dem Projektsteuerer und/oder dem Projektleiter; ist hauptverantwortlich für den optimalen Ablauf des Prozesses

SCRUM-Ablauf

  • Vision und Product Backlog: entspricht bei Bauprojekten einer Machbatkeitsstudie samt Nutzerbedarfsprogramm mit Raum-/Funktionsprogramm (Erstellung in der Projektentwicklungs- oder -vorbereitungsphase); der Product Backlog bildet Vision (= Idee und Kundenbedürfnisse) in Form einer priorisierten Liste ab
  • Sprint: entspricht bei Bauprojekten einer Planungsphase (z.B. Entwurf) oder einer „Schleife“ in einer Planungsphase (je nach Projektgröße und Komplexität); Dauer variiert von ein paar Tagen bis ca. max. vier Wochen; am Ende des Sprints wird vom Team eine funktionsfähige Version des Produktes vorgelegt
  • Daily Srum: ein tägliches ca. 15-minütiges Treffen des gesamten Teams zur Statusabfrage (erledigte und offene Aufgabe, evtl. aufgetretene Probleme)
  • Review: entspricht bei Bauprojekten der Präsentation des Planungsergebnisses am Ende einer Planungsphase oder einer „Schleife“, quasi als Abschlussmeeting eines Sprints; das Team präsentiert die Ergebnisse den Projektstakeholdern
  • Retrospective: bei Bauprojekten könnte das ein Workshop zur Ergebnisdiskussion einer Planungsphase oder einer „Schleife“ sein, bei dem auch die weitere Vorgangsweise, Vorgaben und Verbesserungen gemeinsam mit dem Projektauftraggeber und den Nutzern des Bauwerks für den nächsten Sprint festgelegt werden

Da an der Planung eines Bauprojektes oftmals räumlich stark dezentrale Teams arbeiten, sind insbesondere für den Daily Srum moderne Kommunikationsmethoden (z.B. Skype-Konferenzen, Netmeeting, etc.) unterlässlich.

Zum Abschluss noch ein paar weiterführende Links zum Thema SCRUM:

Artikelbild-Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Scrum_process.svg

9 Kommentare

  1. Hallo Herr Mathoi,

    die Anwendung agiler Methoden außerhalb der Softwareentwicklung finde ich sehr spannend. Einer der Erfolgsfaktoren dürfte eine gute „Definition of Done“ sein: Nur wenn alle Beteiligten klar ist, was am Ende einer Iteration abgeliefert werden soll, kann das Team dieses Ziel auch erreichen. Und durch die kurzen Iterationen bekommt man dann auch sehr schnell mit, ob das Team auf dem richtigen Weg ist.

    Viele Grüße,
    Thomas Lieder

    • … das sehe ich genau so! Die Umsetzung einer „Definition of Done“ bei der Planung von Bauprojekten ist besonders wichtig. Die herkömmlichen Leistungsbilder lassen viel zu viel Spielraum und müssen insbesondere, wenn ein Projekt rasch geplant werden soll, projektspezifisch in Form eines Planungs-Pflichtenheftes sehr exakt definiert werden. Danach kann man die einzelnen Aufgaben aus dem Planungs-Pflichtheft in einer sinnvollen Chronologie auf die Sprints aufteilen.

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