Produktivität

Skizzenblatt.md

Heuer im Sommer bin ich über das workingmemory.txt-Konzept von Cal Newport gestolpert, eine simple Textdatei am Desktop des Computers. Darin fand ich die Lösung des Problems, wie ich mit losen Gedanken und Ideen umgehen kann, die mir während der Arbeit oder auch unterwegs durch den Kopf schießen und die ich einfach nur schnell aufschreiben möchte, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Allerdings verwende ich dafür keine Textdatei am Desktop meines Macs, sondern habe zu diesem Zweck direkt in Obsidian eine Markdown-Datei namens Skizzenblatt.md eingerichtet.

Das workingmemory.txt-Konzept von Cal Newport ist eine Art digitales Kurzzeitgedächtnis in Form einer einfachen Textdatei am Desktop des Computers, mit dem man Gedanken und Ideen unkompliziert festhalten kann, ohne dass man sich Sorgen darüber machen muss, etwas zu vergessen, oder was man zu einem späteren Zeitpunkt damit oder daraus machen wird. Es geht lediglich um das bloße Festhalten dieser losen Gedanken und Ideen.

Der Begriff workingmemory erinnert an einen Arbeitsspeicher, an den man wertvolle Kapazität des eigenen Gehirns auslagern kann. Vor allem dann, wenn man gerade keine Zeit oder Möglichkeit dazu hat, neue Ideen und Gedanken sorgfältig zu einer klaren nächsten Aktion zu verarbeiten und sie dann ganz im Sinne von David Allen in seinem GTD-Ansatz unter den entsprechenden Kontexten in einer Aufgabenliste zu speichern.

Anstelle einer Textdatei am Desktop habe ich mir stattdessen in Obsidian eine Markdown-Datei eingerichtet und diese Datei Skizzenblatt.md genannt. In dieses Skizzenblatt werden Gedanken, Ideen und Zitate eingetragen, die mir unterwegs oder während der Arbeit begegnen. Dabei handelt es sich um Dinge, die (noch) nicht in einer eigenen Notiz ausformuliert werden und auch nicht für das Logbuch in der täglichen Notiz geeignet sind, weil sie zu einem späteren Zeitpunkt noch weiter ausgearbeitet werden.

Kurzbefehl oder QuickAdd

Selten tippe ich den Text eines Eintrags direkt auf dem Skizzenblatt, sondern verwende dafür entweder eine entsprechend modifizierte Version des Siri-Kurzbefehls „Neue Idee“ oder direkt in Obsidian ein QuickAdd-Makro.

Beide Eingabevarianten werden mit der Tastenkombination ⌃Leertaste aktiviert. Der Siri-Kurzbefehl hat den Vorteil, dass dafür Obsidian selbst gar nicht geöffnet sein muss und eine neue Idee damit nahezu überall im System erfasst werden kann. Am Mac kann man auch mit der neuen Widget-Funktion, die es seit macOS Sonoma gibt, den Kurzbefehl direkt vom Desktop aus starten. Oder man nutzt dafür das Kurzbefehl-Menü in der Menüleiste. Und natürlich lässt sich aus dem Kurzbefehl auch eine Extension für PopClip basteln.
Für die schnelle Notiz unterwegs am iPhone kann der Kurzbefehl bequem über den Action-Button oder eine Verknüpfung bzw. ein Widget am Homescreen aufgerufen werden.

Download-Link zum Kurzbefehl Neue Idee.

Alternative Eingabemöglichkeit

Wer weder einen Kurzbefehl, noch QuickAdd für die Eingabe nutzen möchte, kann stattdessen als Alternative auch Type verwenden. Das ist eine neue Anwendung für den Mac zum Erstellen von kurzen Notizen. Es funktioniert wie ein Launcher, sieht also mit seiner Befehlsleiste ähnlich aus, wie Spotlight, Raycast oder Alfred. Man kann damit einfache, kurze Texte festhalten, die in einer Textdatei gespeichert werden. Diese Textdatei darf auch eine Markdown-Datei wie Skizzenblatt.md im Obsidian-Vault sein.
Das Datum wird automatisch beim Speichern der Notiz ebenfalls an die Textdatei übergeben. Einziger Nachteil dabei ist, dass man das Datum derzeit noch nicht im Format YYYY-MM-DD einstellen kann. Aber vielleicht kommt das noch mit einem der nächsten Updates der App.

Chronologie der Gedanken

Jedenfalls ist das Datum ein wichtiger Bestandteil, denn mich interessiert immer, wie alt eine Idee oder ein Gedanke schon ist. Daher wird jeder neue Eintrag am Skizzenblatt mit dem jeweiligen Datum versehen. Das Datum wird dabei so angelegt, dass es zugleich ein Link zur täglichen Notiz des jeweiligen Tages ist. Jedem Eintrag wird also sowohl vom Kurzbefehl, als auch vom QuickAdd-Makro ein Block in der Schreibweise [[YYYY-MM-DD]]: automatisch vorangestellt.

Tags für #Idee, #Gedanken oder #Zitat werden gleich nach dem Datum mit eingegeben. Das erleichtert die Zuordnung und das spätere Weiterverarbeiten. Einträge ohne Schlagwort sind meist Aufgaben, die dann später in die Aufgabenliste oder zu einer Projektnotiz wandern.

Aufräumen & weiter arbeiten

Gegen Ende der Woche gehe ich die Einträge im Skizzenblatt durch und übertrage das, was noch Sinn macht, in geeigneter Weise in eigene Notizen in Obsidian, oder lege eine entsprechende Aufgabe dafür an. Es kann aber auch sein, dass nicht alle Einträge aus dem Skizzenblatt gleich am Ende der Woche ihren Weg in eine eigene Notiz oder eine Aufgabe finden. Dann bleiben sie eben einfach für eine weitere Woche am Skizzenblatt, jedenfalls so lange, bis sie verarbeitet werden können.

So sammle ich zum Beispiel am Skizzenblatt während dem Semester Ideen für die Überarbeitung und Aktualisierung meiner Vorlesungen. Diese Einträge bleiben mehrere Wochen lang bis zum Ende des Semesters am Skizzenblatt. Nach dem Semester werden die Einträge dann für jede Lehrveranstaltung in eine eigene Notiz zur Überarbeitung und Aktualisierung der Unterlagen für das nächste Studienjahr verschoben.

Fazit

Das Skizzenblatt bietet als temporärer Arbeitsspeicher die Möglichkeit, lose Gedanken und Ideen rasch und unkompliziert zu erfassen, quasi genau dort, wo sie entstehen – auch unterwegs. Das ist durchaus angenehm, denn man läuft nicht mehr Gefahr, etwas Wichtiges zu vergessen.