Technik

Ein-Computer-Lifestyle 2024

Es ist dunkel. Nur durch einen kleinen Schlitz, der zum Öffnen der grifflosen Schublade mittig eingefräst ist, kommt etwas Licht herein. Mit diesem Ausblick hat mein iPad die letzten zwei Monate zugebracht. Seit der letzten Vorlesung aus dem vergangenen Wintersemester blieb es nämlich in der Schublade. Während dieser Zeit habe ich es nicht einmal vermisst. Jetzt freut sich meine Tochter über das Gerät und ich mich über den Ein-Computer-Lifestyle, denn weniger ist eben mehr.

Vor ungefähr zwei Jahren habe ich hier schon einmal über den Wunsch geschrieben, die gesamte Arbeit auf nur einem einzigen Computer bewerkstelligen zu können. Damals war neben einem MacBook allerdings auch ein iPad für diverse Zwecke notwendig. Seither hat sich mein Arbeitsablauf verändert, sind die MacBooks von Apple nochmals deutlich besser geworden und machten nunmehr den Einsatz eines iPads überflüssig. Und das, obwohl ich fast 13 Jahre lang ein begeisterter iPad-Nutzer der ersten Stunde war, hat sich diese Geräteklasse nun für mich überholt. Zu wenig ist damit so effektiv machbar, wie auf einem Mac. So banale und selbstverständliche Dinge, wie das Dateimanagement, sind am iPad sogar ziemlich umständlich. Beispielsweise kann man eine Datei nach wie vor nicht auf den Desktop ziehen, um sie dort abzulegen – und sei es nur mal kurz für zwischendurch. Aus diesem und noch ein paar mehr Gründen hat meine iPad-Nutzung in den letzten zwei Jahren dramatisch nachgelassen und ist in den letzten Monaten sogar überproportional schnell ganz auf null gesunken.

Die Frage, ob ich für meine tägliche Arbeit neben einem MacBook auch ein iPad brauche, hat sich quasi von selbst beantwortet. Denn auf das iPad kann ich mittlerweile verzichten. Und so bin ich mehr oder weniger unbewusst im Ein-Computer-Lifestyle gelandet, dessen grundsätzliche Möglichkeit noch vor zwei Jahren mit ein paar Fragezeichen versehen war. Und dieser Ein-Computer-Lifestyle hat durchaus seinen Charme!

Geräteevolution

Seit Apple im Herbst 2020 mit dem M1 seinen ersten Apple Silicon SOC aus eigenem Haus vorgestellt hat, hat sich einiges getan. Der M1 hat damals schon alle anderen Prozessoren am Markt in den Schatten gestellt. Mittlerweile sind wir beim M3 angekommen und finden die Chips aus der M-Serie nicht nur in den Macs, sondern auch in den iPads. Zumindest in denen der Pro-Linie. Aber das war es im Wesentlichen auch schon, was Apple am iPad in den letzten Jahren weiter entwickelt hat – von ein paar kosmetischen und logischen Anpassungen am Design mal abgesehen. Und während die Hardware der iPads immer potenter geworden ist, hinkt iPadOS noch gravierend hinterher. Was bringt die tolle Hardware, wenn die Software nicht mitspielt? Auf neue iPads warten die Fans der Tablet-Computer mittlerweile schon seit über einem Jahr. Zahlreiche Gerüchte ranken sich bereits um die neuen Geräte, aber Apple gibt sich wie immer zugeknöpft und hat bis jetzt, entgegen den Voraussagen der üblichen Branchen-Orakel, nichts angekündigt.

Aber wo Schatten fällt, ist auch Licht. Und zum Glück hat Apple in den letzten Jahren seit der Umstellung auf die M-Prozessoren den Scheinwerfer auf den Mac gerichtet. Man könnte auch sagen, dass Apple seine Liebe zum Mac wieder neu entdeckt hat. Als langjähriger Mac-Nutzer darf man sogar tatsächlich behaupten, dass das aktuelle Mac-Line-up noch nie so gut gewesen ist. Selbst das untere Ende dieses Line-ups mit dem erst kürzlich neu vorgestellten MacBook Air mit M3-Prozessor liefert eine unfassbar gute Performance. Kurz zusammengefasst ist der Mac seit er von den hauseigenen Apple Silicon Chips angetrieben wird nicht nur schnell, sondern zudem lautlos (OK, der Mac Studio angeblich nicht so ganz) und stromsparend. Obendrein sehen die Geräte auch noch ziemlich gut aus.

Das aktuelle MacBook Air mit M3 (Foto: Apple)

Auch was macOS betrifft, sind die Entwicklungen der letzten Jahre in Summe als positiv zu bewerten. Zwar gab es kaum nennenswerte große neue Funktionen, aber es sind einige Elemente von iOS und iPadOS auch am Mac gelandet. Beispielsweise das Kontrollzentrum, die Widgets am Desktop und das neue Layout der Systemeinstellungen. All das soll natürlich primär das Wechseln zwischen den Geräten für den Benutzer erleichtern. Aber beim Arbeiten am Mac merkt man, dass macOS und Hardware wirklich gut aufeinander abgestimmt sind. Alles läuft flüssig, schön flott und fühlt sich leicht an.

Veränderte Arbeitsabläufe

Jedoch haben sich nicht nur die Geräte und Betriebssysteme von Apple weiter entwickelt. Auch meine eigenen Arbeitsabläufe haben sich in den letzten Jahren verändert. Ich konnte einige Apps einsparen, für die ich keine Verwendung mehr habe. Neben den bereits auf jedem Mac vorinstallierten Bordmitteln von Apple sind zwei Dutzend weitere Apps für meinen Arbeitsalltag ausreichend.

Zwei Dutzend Apps zu den vorinstallierten Bordmitteln sind ausreichend

Die gravierendste Veränderung hat wohl der Einsatz von Obsidian gebracht. Alleine dadurch wurden zumindest drei andere Apps überflüssig und ich bin überzeugt, dass zumindest noch ein bis zwei weitere folgen werden.

Vorlesungen und Lehrveranstaltungen lassen sich übrigens auch prima mit dem MacBook bestreiten, vielleicht sogar noch besser als mit dem iPad. Denn es gibt mehr Möglichkeiten fürs Multitasking, beispielsweise wenn mal eine Vorlesung aus dem Hörsaal für erkrankte Studierende via Microsoft Teams nach Hause gestreamt wird. Und in Besprechungen kann ich meine Notizen ebenso gut direkt auf dem MacBook oder am iPhone tippen. Manchmal sind auch Stift und Papier ausreichend und ein iPad dafür eigentlich nicht erforderlich.

Modularer Computer

Unterwegs ist das MacBook einfach der Hit! Man hat einen vollwertigen Computer dabei und muss keine Abstriche in der Performance, der Bedienung oder bei der Nutzung der Software machen. Letzteres kann durchaus ein Thema sein, wenn man nämlich unterwegs am iPad wie so häufig nur eine abgespeckte Version einer App zur Verfügung hat (Stichwort: Tabellenkalkulation). Zu Hause oder im Büro lässt sich das MacBook problemlos in einen vollwertigen Desktop-Computer verwandeln, indem man einen externen Bildschirm, eine Tastatur und eine Maus oder ein Trackpad oder beides anschließt.

OK, fairerweise kann das iPad mittlerweile auch externe Bildschirme deutlich besser unterstützen, als noch vor zwei Jahren. Zumindest die Pro-Linie und ab dem M1. Aber es gibt einige Einschränkungen und damit komme ich nicht gut klar. Es fühlt sich umständlich an, so wie eben vieles am iPad. Und das iPad kann man nicht im zugeklappten Modus – dem sogenannten Clamshell-Modus – betreiben, wenn es an einen externen Bildschirm angeschlossen ist. Dafür muss man sich kühne Konstruktionen oder Siri-Kurzbefehle basteln. Vermutlich bin ich durch das MacBook zu sehr verwöhnt, was das betrifft. Jedenfalls ist meiner Meinung nach ein MacBook der einzig wahre modulare Computer, der auch nahezu alle Anwendungsfälle vollumfänglich abdecken kann.

Fazit

Den eingangs erwähnten Charme des Ein-Computer-Lifestyle macht vor allem die Reduktion auf einen Computer aus. Das fühlt sich leicht und unkompliziert an. Man muss auch nur noch dieses eine Gerät warten, was Updates für Betriebssystem und Apps, sowie die Datensicherung betrifft. Zusatzkosten entfallen, die für manche Apps entstanden sind, weil sie nur in getrennten Versionen für Mac und iPad angeboten wurden. Das Umdenken in der Bedienung zweier doch ausreichend unterschiedlicher Betriebssysteme gehört ebenso der Vergangenheit an. Dass der Mac noch keine Face-ID nutzen kann, ist ein kleines Manko. Das wäre manchmal sicher unkomplizierter und flotter als Touch-ID, ist aber verschmerzbar. Denn immerhin gibt es ein Magic Keyboard mit Touch-ID oder das Entsperren mit der Apple Watch, sodass man diese Funktion auch nutzen kann, wenn das MacBook zugeklappt an einem externen Bildschirm verwendet wird.

Zwei Jahre, nachdem ich mir zum ersten Mal Gedanken über den Ein-Computer-Lifestyle gemacht habe, ist er nun also Realität geworden.