Produktivität

Ordnerstruktur in Obsidian

Vor einem Jahr habe ich Building a Second Brain von Tiago Forte gelesen. Und ich war begeistert von den Methoden CODE und PARA. Damals habe ich gerade meinen Obsidian-Vault eingerichtet und die Notizen aus Apples Notizen-App dorthin übertragen. PARA fühlte sich intuitiv und daher richtig an, um es als Ordnerstruktur einzusetzen. Ein Jahr später ist mir heute klar, dass PARA zwar gut war, um den Einstieg zu schaffen, aber als dauerhafte Ordnerstruktur ist es für meine Arbeitsweise ungeeignet. Ich verwende lieber einen Mix aus Ordnerstruktur, Dateinamen und Schlagworten.

DOS-Dreieck

In meinem Obsidian-Vault nutze ich für die Organisation meiner Notizen das DOS-Dreieck. Das ist ein Organisationsdreieck aus Dateinamen, Ordnerstruktur und Schlagworten. Die Dateinamen werden unter Berücksichtigung einiger weniger formaler Kriterien vergeben, über die ich hier schon berichtet habe. In der Ordnerstruktur können die Notizen nach Themengebieten oder Lebensbereichen einsortiert werden. Zudem kommen sogenannte Tags zum Einsatz, um damit Notizen zu verschlagworten. Das hat den Vorteil, dass ich damit zum einen die Notizen thematisch in Ordner ablegen und zum anderen durch die Verschlagwortung sozusagen quer dazu eine Zuordnung herstellen kann. Zum Beispiel sind über Tags alle Notizen aus allen Ordnern meines Vaults auffindbar, die gerade bearbeitet werden – also mit dem Tag #inArbeit verschlagwortet sind.

Auch Tiago Forte empfiehlt ein funktionierendes Schlagwortsystem für seine CODE- und PARA-Methoden. Allerdings geht er darauf in seinem Buch kaum ein. Erst ganz am Ende wird man beim Lesen auf seine Website umgeleitet, wo man ein entsprechendes Bonuskapitel dazu herunterladen kann.

Das zentrale Strukturelement im DOS-Dreieck sind die Ordner. Bei den Ordnern ist es wichtig zu beachten, dass man dabei auch immer das unkomplizierte Ablegen und die Wiederauffindbarkeit von Dateien im Blick behält. Und zwar nicht nur über die Suchfunktion, sondern, auch wenn man mal rasch eine Notiz in einem Ordner über den Dateiexplorer im Verzeichnisbaum suchen oder ablegen möchte. Oberstes Credo ist folglich eine flache, also nicht zu verschachtelte Ordnerstruktur.

Paralysiert

Die PARA-Methode wirkt mit ihren vier Ordnern auf den ersten Blick natürlich übersichtlich und schlank, weil man zunächst nur die vier Ordner für Projekte, Areas (Bereiche), Ressourcen und Archiv sieht. Doch der Schein trügt, denn erst unterhalb dieser ersten Ebene beginnt die eigentliche Ordnerstruktur. Man schafft sich also damit eine zusätzliche Ebene.

Zudem verleitet die PARA-Methode dazu, viele Ordner anzulegen. Beispielsweise soll für jedes Projekt ein Ordner angelegt werden. Wenn ich aber für ein Projekt mit nur einer Notiz auskomme, entsteht dann rasch ein Wildwuchs an Ordnern, in denen sich jeweils wenige oder gar nur eine Notiz befinden.

Die Ordner wandern dann auch noch durch den Verzeichnisbaum. Startet man ein Projekt, dann legt man dafür einen neuen Ordner an, oder verschiebt einen bestehenden Ordner zum Beispiel aus dem Bereiche-Ordner in den Projekte-Ordner. Ist das Projekt dann abgeschlossen, wird es nach der PARA-Methode aus dem Projekte-Ordner ins Archiv verschoben. Eine Verzeichnisstruktur ist meiner Meinung nach kein gutes Instrument für das Projektmanagement. Ein Mix aus statischen Ordnern in den Bereichen und Ressourcen und flexiblen Ordnern, die von dort aus in Projekte und danach ins Archiv verschoben werden, birgt für mich die Gefahr, dass man rasch den Überblick verlieren kann. Zudem werden auch Notizen zwischen Ordnern wild hin und her geschoben. Zum Beispiel hätte ich für diesen Blogbeitrag streng nach PARA einen eigenen Ordner unter Projekte anlegen und dann alle Notizen, die thematisch dazu passen, aus dem Ressourcen-Ordner dorthin verschieben müssen. Das sorgt irgendwann für ein heilloses Durcheinander. Denn wenn man später eine Notiz zu einem Thema sucht, die man vor Monaten oder gar Jahren in einen Projektordner geschoben hat, der mittlerweile im Archiv schlummert, dann findet man diese Notiz natürlich nicht mehr unter Ressourcen im entsprechenden Themenordner, sondern hat vermutlich nur mit der Suchfunktion eine Chance. Diese Vorgehensweise paralysiert über kurz oder lang jedes Wissensmanagementsystem.

Verzeichnis-Bonsai

Für mich ist die Ordnerstruktur eher wie ein Baum. Auch genauso gut verwurzelt und statisch. Ein Verzeichnisbaum, an dem die einzelnen Ordner die Äste und die Notizen die Blätter an den Ästen sind. Aber es ist kein großer Baum, denn ich bin mit meinen Ordnern sparsam. Es ist eher ein kleiner, ein sehr kleiner Baum. Aber mit vielen Blättern. Ein Bonsai. Das trifft es gut, denn einen Bonsai hegt und pflegt man auch liebevoll, damit er stets in Form bleibt und Wildwuchs vermieden wird.

Es gibt in meinem Verzeichnis-Bonsai je einen Ordner für die Bereiche FH, iPROT und Privat. Daneben gibt es einen Ordner für meine Interessen. Flankiert werden diese vier Ordner von drei weiteren für Dateianhänge, das Logbuch mit den täglichen Notizen und Vorlagen.
Was mir auch wichtig ist, ist eine flache Ordnerstruktur mit wenigen Ebenen. Bisher komme ich gut mit zwei Ebenen aus. Die meisten davon sind im Ordner Interessen für die jeweiligen Interessensgebiete und im Logbuch, um dort die täglichen Notizen nach Jahren zu sortieren.

Freiheiten zulassen

Auch außerhalb der Ordnerstruktur dürfen Dateien liegen. Sozusagen rund um den Verzeichnis-Bonsai herum, nahe den Wurzeln. Derzeit sind es wenige, denn von Zeit zu Zeit räume ich im sogenannten Root-Verzeichnis auf. Aber grundsätzlich gibt es diese Freiheit, dass Dateien quasi überall im Vault, also auch außerhalb der Ordnerstruktur liegen dürfen. Ich nenne es das FREE-Prinzip, wobei FREE als Acronym für Files Roam EverywherE steht.

Fazit

PARA hat für mich nicht funktioniert, weil es zu Ordner-lastig ist und durch die Dynamik auch ein heilloses Durcheinander entstehen kann. Anstelle Notizen in Projektordner zu verschieben, verlinke ich die Notizen lieber und belasse sie dafür dort, wo sie thematisch oder zum Bereich passend abgelegt wurden. Und Projekte kann man gut auch über Schlagworte abbilden, ohne dafür einen Wildwuchs an Ordnern riskieren zu müssen.

Mit dem Dateiexplorer in Obsidian arbeite ich zudem nur selten. Direkt am Verzeichnis-Bonsai werkle ich nur herum, wenn ich ihn pflege. Also dann, wenn mal wieder das Root-Verzeichnis aufgeräumt wird, oder andere Wartungsarbeiten an Ordnern und Notizen notwendig sind.
Meistens öffne ich Notizen bzw. Dateien in Obsidian über die Tastenkombination ⌘O und wähle dann aus der Liste aus oder suche nach der gewünschten Datei mit der Suchfunktion. Wichtig ist mir daher primär, dass die Ordnerstruktur schlank und flach bleibt und damit das rasche und unkomplizierte Ablegen von Dateien ermöglicht.